Vom Münzwesen in Böhmen

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Mario
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Vom Münzwesen in Böhmen

Beitrag von Mario »

Vom Münzwesen in Böhmen
von Josef Richter, Oberlehrer in Langenau

Immer wieder stieg beim Lesen alter Urkunden in mir die Frage auf, welchen verhältnismäßigen Wert in österr. Währung wohl die Schock und Groschen, rhein. Gulden und dergleichen haben möchten, von denen dort die Rede war. Beim Nachforschen, um eine Antwort auf meine Frage zu erhalten, kam mir ein Aufsatz im 12. Bande der Mitteilungen des Vereines für Geschichte der Deutschen in Böhmen zu Hilfe, den ich hier benütze. Um anderen, besonders jüngeren Personen zu nützen, denen daran liegt, etwas über das Münzwesen aus früherer Zeit zu erfahren, gebe ich meine gewonnenenKenntnisse der Allgemeinheit kund in der Hoffnung, daß Fachkundige etwaige Lücken dieses Aufsatzes ausfüllen und Fehler verbessern werden.
Die ältesten Münzen in Böhmen waren wohl die Keltenmünzen, Schlüsselmünzen mit sehr einfacher Prägung. Solche, aus Silber, wurden bei Gablonz im Niemitzer Bezirke in einem Steinbruche anläßlich des Straßenbaus daselbst in den 1890er Jahren aufgefunden. Mit Boleslaus I. (935-976) beginnen die Denare, die unter Wladislaw I. (1109) ihre größte Vollkommenheit erlangen. Nachher gingen sie in ihrer Prägung zurück; zur Zeit Premysl Ottokars (1197-1230) sahen sie schon kläglich aus.
Größere und kleinere Münzen, diese mit der Umschrift Ottocarus rex, Brakteaten genannt, erschienen 1210. Sie waren nur auf einer Seite geprägt, was von Deutschland herüber gekommen war. Wenzel II. hob sie im Jahre 1300 auf. Mit diesem Herrscher (1278-1305) beginnen die Prager Groschen. Ein solcher hatte nach der Berechnung des Barons Adalbert von Steiger einen Wert von etwa 38 Kreuzer österr. Währung in Silber, das Schock solcher, (gerechnet wurden 60 Stück auf eine Mark Silber, aber ausgezahlt mit 64 grossi = eine Mark großer Prager Pfennige, mit 48 gr. zur Zeit König Johanns, und endlich mit 56 gr. = der eigentlichen Prager Mark) = 22 fl 73 kr österr. Währung.
1470 wurde allgemein nach Meißner Schock gerechnet, das gleich war 1/2 böhmischen Schock. Vom Jahr 1300 an sank der Silberwert eines böhmischen Schocks (nach Steiger) 1304 auf 21 fl. 31kr., 1320 auf 18 fl. 18 kr., um 1340 auf 15 fl. 15 kr., stieg um 1378 auf 17 fl. 36 kr., fiel um 1407 auf 14 fl. 20 kr., um dann immer mehr zu sinken; so um 1470 auf 11 fl. 36 kr. (meißnisch 5 fl. 68 kr.), um 1490 auf 6 fl. 82 kr.,um 1544 auf 4 fl. 72 kr.,1576-1616 auf 4 fl. 60 kr., 1617 auf 3 fl. 47 kr., 1619 auf 2 fl. 32 kr., 1620-1623 sogar auf nur 88 kr., um 1624 wieder zu steigen auf 4 fl. 46 kr. österr. Währung.
Mit Rheinischen Gulden wird von 1637 an gerechnet. 1 Gulden Rh. glich dem Silberwerte von 87 1/2kr. österr. Währung. 1 Gulden 10 kr. rh. war gleich ein Meißner Schock. Der Gulden hatte 60 kr., ein Kreutzer galt 6 Pfennige.
In den österreichischen Ländern war der Gulden schon seit 1552 als Rechnungseinheit, aber nicht als laufende Münze eingeführt. Die Wiener Stadtbank, im Jahre 1704 gegründet, war der Hofkammer unterstellt worden und ihre Einkünfte verwaltete seit 1749 die Ministerialbankodeputation. Die Bank gab Obligationen heraus, die sodann einen Teil der Staatsschuld bildeten.
Am 21. September 1753 war zwischen Österreich und Bayern der Konventions- oder Zwanzig-Gulden-Fuß vereinbart worden. Darnach prägte Österreich die Kölnische Mark feinen Silbers in 20 Gulden. Der Levanter Taler (seit 29. April 1852 auch Konventionstaler, mit 9/10 Feingehalt, genannt) hatte 28'0644 g Gewicht mit 5/6 Feingehalt Gold zu Silber und war die größte Münze; 1857 erlosch der Konv.-Taler in Österreich.
Am 1. August 1770 wurde das Papiergeld eingeführt; 12 Millionen sogenannter Bankozettel wurden ausgegeben, 1772 erfolgte die Einführung des neuen Kupfergeldes.
Infolge der vielen Kriege, der großen Rüstung im Jahre 1809, der Kriegskontribution und der Kriegsentschädigung hatte der Staat seine Leistung aufs äußerste gespannt. Die Staatsschuld betrug jetzt 658 Millionen; 900 Millionen Bankozettel waren im Umlauf. Da verschiedene Versuche, die schwierige Finanzfrage zu lösen, fehlschlugen, so bestimmte das Finanzpatent vom 11. Feber 1811, daß die Bankozettel und die Kupferscheidmünze nunmehr nur den fünften Teil ihres früheren Wertes gelten sollten: der Staatsbankrott. Galt also ein Gulden (=die Hälfte des Levantiner Talers - außerdem waren seit 1775 auch Viertelstücke dieses Talers geprägt worden -), Bankozettel bisher 60 Kreuzer, so war er jetzt nur 12 kr. wert; ein Zweiböhmer oder aber der halbe Gulden, der fünfamal die Zahl 30 trug, galt nun 6 Scheinkreuzer. Der böhmische Groschen war auf einen Böhm oder 3 Scheinkreuzer herabgesunken; ein Gröschel galt halb so viel wie einböhmischer Groschen = ein meißnerischer Groschen = 1 1/2 Scheinkreuzer. An Stelle von 1060 Millionen Bankozettel wurden im Jahre 1813 sogenannte Einlösungsscheine, 212 M. an der Zahl, ausgegeben. Diese Scheine bildeten die Wiener Währung (W.W.), die auch Scheingeld hieß, sie hatten Zwangskurs. 1854 wurden diese Scheine von der Nationalbank, die Banknoten dafür gab, eingelöst und zum Verschwinden gebracht.
An die Stelle der bisherigen Kupfermünzen, die zum Teile noch aus Marie Theresias und Joseph II. Zeiten stammten, traten im Jahre 1851 solche von 2, 1 1/2 und 1/4 kr.
Die deutschen Zollvereinsstaaten waren schon seit 1838 in Münzvereinigung. Um mit ihnen übereinzustimmen, wurde vom 20 Guldenfuße zum 231 Guldenfuße übergegangen. Nur wurde nicht mehr die Köln. Mark, sondern das Münzpfund = 500 g als Grundlage angenommen. Daraus sollten 45 fl. geprägt werden. 1 fl. Konvention = 1 fl. 05 kr. österr. Währung, ein Konventions-Zwanziger (auch Maria-Theresien-Zwanziger) = 35 kr., ein Sechser = 10 kr. österr. Währung. Damit war 1858 die österreichische Währung eingeführt. Der Gulden galt jetzt 100 Kreuzer. Doppelgulden, Gulden, Viertelgulden, Zwanziger, Zehner und Fünfkreuzerstück waren von Silber, 1 Kreuzer und 5/10 Kreuzer von Kupfer, Dukaten aus Gold.
Ihr folgte 1892 die Kronenwährung. 20 K und 10 Kronen waren Goldmünzen, 5 K, die Doppelkrone und das 1 Kronenstück Silber-, Zwanziger und Zehner Nickel-, 2 Hellerstücke und Heller Bronzemünzen. Im Weltkriege (1914-1918) wurden die Nickel- und Bronzemünzen eingezogen, dafür 20 Heller und 2 Heller aus Eisen- 10 h aus Neusilber geprägt. -
100 Schock = 116 fl. 40 kr. rh. - 100 fl. W.W. = 40 fl. C.M. = 42 fl. ö.W. - 500 fl. rh. (im Jahre 1810) = 151 fl. 34 kr. W.W. (aus Grundbüchern!)

Quelle: Mitteilungen des Nordböhmischen Vereins für Heimatforschung und Wanderpflege (Band 52, Seiten 104-106)
Timon
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Re: Vom Münzwesen in Böhmen

Beitrag von Timon »

Sehr schöner Artikel mit ausführlichen Informationen. So kann man doch einiges mehr darüber erfahren.
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