Nordböhmische Volkstracht zu Anfang des 19. Jahrhunderts
(von Wilhelm Lang, Lehrer in Niemes)
Durch Zufall gelangte eine Handschrift in meine Hände, die interessante Notizen über die Volkstracht im Elbetal zu Anfang des 19. Jahrhunderts enthält. Sie ist von einem alten Pokratitzer (b. Leitmeritz) Lehrer geschrieben und wurde mir von dessen Enkel übermittelt. Ich gebe sie mit ihren stilistischen und orthografischen Eigenheiten wieder.
Die Tracht der Kleidung der Bewohner von Pokratitz und Umgebung. "Zu Anfang des 19. Jahrhundert bis ohngefähr zum 20. Jahre trugen noch einige alte Männer 3spitzige Hüte, auch die Kopfhaare in Zöpfe geflochten war noch Mode. Die Fußbekleidung bestand aus Schuhen mit Schnallen und wollenden Strümpfen, die Hosen waren aus Bockshaut oder Ziegenleder bis zum Knien, dort waren sie entweder mit Schnallen oder mit Bändeln von Ziegenleder befestigt, eine lange Weste, die ging weit über die Hüften herab. Die Männer trugen in der Woche gewöhnlich einen Zwilichkittl oder Jacke; solange er sauber war, mußte er auch Sonntagstatt thun. Im Winter trug man gewöhnlich Pelze oder mit Pelz gefütterte Kleider. Röcke oder Beinkleider von Tuch war etwas seltenes. Wer einen Tuchrock trug, dem reichte er bis zu den Fersen. Die Kopfbedeckung bestand häufig aus Pelzmützen im Winter, welche so lang waren wie die Frauenmusse, an einer Seite mit seidenen Maschen geziert. Von einem Zylinderhut war keine Rede. Die Jünglinge hatten Mützen von verschiedenem Stoff und mancherlei Form.
Die Frauen trugen weiße, runde Hauben mit Spitzen an der vorderen Seite, am hintern Teile war eine breite Masche entweder von feiner Leinwand oder breiten Seidenband, je nach Vermögensverhältnissen. Ein steifes Mieder bedeckte den Leib, aber so, daß vorn eine handbreite Öffnung blieb, welche durch einen Teil desselben Stoffes in länglich zugespitzter Form nach Bedarf bedeckt wurde; dieses geschah meistens bei Müttern. Sonst trugen alle kurze Röcke von verschiedenen Stoffen und Jacken im Sommer und Winter. Der Halsschmuck bestand in mehreren Schnuren Korallen oder Perlen, bei Reichen auch mitunter in Thalern und Dukaten u. a. ..."
Ganz ohne Zusammenhang damit sind einige Mitteilungen, die der biedere Schreiber über das häusliche Leben der Landbewohner macht:
"Die Beschäftigung in den Winterabenden bestand bei Männern teils in Fackeln- oder Spänemachen aus Kieferscheiten, welche, wenn sie getrocknet waren, zu Beleuchtung der Stuben dienen mußten. Es wurde nemlich einer angezundet, auf den Leuchter, welcher aus einer 4-5 Fuß hohen Stange, welche in ein rundes Klotz befestigt war und am obern Ende mit einem eisernen Halter versehen war, gesteckt; darunter stand ein Behältnis, welches die Kohlen aufnahm. Diese Beleuchtung so wie ein kleines Lämpchenwaren sehr ärmlich, und noch dazu der unangenehme Rauch, welcher davon entstand. Inseltkerzen wurden nur zu heiligen Zeiten angezündet. Wenn die Gänsefederngeschliffen waren, war die Hauptbeschäftigung Spinnen. In manchen Häusern haben Männer, Weiber und Kinder gesponnen, denn damals wurde hier noch viel Flachs angebaut, oder haben sich die Leute Flachs gekauft, gesponnen und das Garn verkauft, oder dem Weber gegeben und Leinwand machen lassen. Damals hat sich das Spinnen noch rentiert."
Quelle: Mitteilungen des Nordböhmischen Vereins für Heimatforschung und Wanderpflege (Band 37)
Nordböhmische Volkstracht zu Anfang des 19. Jahrhunderts
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